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Schöne Bescherung

Alle Jahre wieder naht das liebe Weihnachtsfest.


Jeder weiß es, und trotzdem, jedes Jahr die gleiche Hektik. Vater muss sich um den Weihnachtsbaum kümmern, damit darf die Mutter keinesfalls auch noch belastet werden. Sie stellt schon Tage, was sage ich, Wochen vorher das ganze Haus auf den Kopf, sie ist so eine Reinlichkeitsfanatikerin. Es würde gegen ihre Hausfrauenehre gehen, wenn nicht alles pikobello sauber wäre.

Im Hause Hartmann ist Weihnachten ein Familienfest. Alle bereits ausgeflogenen Kinder, mit, oder ohne Begleitung, treffen pünktlich zum Fest ein. Tante Frieda, Vaters Schwester, ist auch eingeladen. Sie lebt schon seit einigen Jahren allein. Auch Mutters Bruder, mit Familie, lässt es sich nicht nehmen, das Fest der Liebe mit ihnen zu feiern. Mutter Hartmann stehen die Haare zu Berge. Sie muss das Weihnachtsessen vorbereiten. Vater holt aus der Gänsefarm im Nachbarort zwei bestellte Gänse, die in der Küche, dank Mutters Kochkunst, mit Äpfeln gefüllt und Thymianzweig auf der Brust, in der Backröhre knusprig gebraten, zu einem wohlschmeckenden Weihnachtsbraten werden.

Es klingelt. Mutter eilt zur Tür und erlebt die erste Überraschung. Frieda hat sich aus dem Tierheim eine hübsche, dreifarbige Katze geholt. Mutter Hartman schaut auf den Katzenkorb und auf Frieda. «Du bist doch nicht böse, dass ich sie mitgebracht habe?», dabei schaut sie doch leicht schuldbewusst auf den Katzenkorb. «Weißt Du», beginnt sie wieder, «ich habe sie erst zwei Wochen, ich kann das Tier doch nicht alleine Zuhause lassen. Sie ist so eine kleine Liebe, eine ganz verschmuste Katze. Du wirst sehen, sie wird uns keinen Ärger bereiten.» Mutter Hartmann ergibt sich ihrem Schicksal. «Naja, denn kommt man rein», erwidert sie lakonisch. In Gedanken ist sie noch so mit dem beschäftigt, was alles noch zu tun ist, dass sie keinen weiteren Gedanken an das Mitbringsel verschwendet.

Tante Frieda befreit im Wohnzimmer ihre Molly aus dem Katzenhäuschen. Während sie alle schon Anwesenden begrüßt, begibt sich Molly auf Entdeckungstour.

Erneutes Läuten. Mutters Bruder mit Familie steht im Türrahmen. Herbert hält eine Hundeleine in der Hand. Mutter schaut auf die Hundeleine, dann auf den Hund und ihren Bruder. Der lacht. «Du wirst sehen, das ist ein ganz Lieber, der hört. Ich gehe mit ihm in die Hundeschule und bilde ihn aus.» Wie zur Bestätigung gibt er Oskar den Befehl: «Sitz.» Oskar setzt sich gehorsam. «Siehst du, der hört, der macht uns bestimmt keinen Ärger. Wir konnten ihn doch nicht alleine Zuhause lassen.» Er blickt sie bittend an. «Na, denn kommt man rein», war alles, was sie rausbringt. Und alle marschieren zur Begrüßung der anderen Familienmitglieder in die ‹Gute Stube›.

Naja, das war wohl doch nicht so gut. Oskar nimmt den Geruch von Molly wahr und verabschiedet sich von seinem Herrchen. Auf der Suche nach Molly iegen die Stühle zur Seite. Oskar ist ein Boxerrüde. Und Boxer gehen auch mit dem Kopf durch die Wand, wenn die sie stören sollte. Aber diese kleine Molly, so ein mutiges Katzenmädchen, stellt sich urplötzlich ihrem ärgsten Feind. Sie macht einen Katzenbuckel und faucht Oskar furchteinflößend an. Oskar setzt sich vor Schreck auf die Hinterpfoten. So etwas ist ihm noch nicht untergekommen. Damit hat er nicht gerechnet. Molly nutzt die Schrecksekunde und verzieht sich aus dem Zimmer. Man kann den Stein plumpsen hören, der allen Anwesenden vom Herzen fällt. Es hätte viel schlimmer kommen können.

Vielleicht hätte sein Herrchen doch ein Auge mehr auf ihn werfen sollen. Denn während alle erzählen und sich viel zu sagen haben, verlässt Oskar heimlich, still und leise, unbemerkt das Zimmer.

Mutter Hartmann sieht auf die Uhr. Es ist Zeit, denkt sie. Ich muss den tags zuvor zubereiteten Gänsebraten zum Aufwärmen in die Backröhre schieben. Verwundert schaut sie auf die halb offenstehende Küchentür. Ganz zaghaft, so als hätte sie ein ungutes Gefühl, öffnet sie die Tür ganz. Welch ein Bild friedlicher Eintracht erblickt sie. Sie ruft die anderen herbei. Sollen sie sich selbst davon überzeugen, wohin ihr Weihnachtbraten entschwindet. Sie hört noch die Stimmen von Frieda und ihrem Bruder:«Das sind ganz Liebe, die machen uns bestimmt keinen Ärger.» Oskar steht mit den Hinterpfoten auf dem Küchenstuhl, mit den Vorderpfoten auf dem Tisch. Molly hockt auf dem Tisch. Beide lassen sich die Weihnachtsgans munden. Sie schmatzen genüsslich um die Wette.
Alle sehen sich an. Schöne Bescherung.

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